Ich gebe zu, als ich das erste Mal vor rund zwei Jahren von selbstorganisierten Teams gehört habe, war ich ziemlich skeptisch. Wie soll das funktionieren, ohne Chefin und wenn niemand in den Lead geht? Erlebt habe ich folgendes: ein Team, dass das Ziel kennt und dieses gemeinsam erreichen will, kann unglaublich viel Energie und Innovation freisetzen und Resultate liefern – die Chefin braucht es zur Richtungs-Lenkung und als Vordenkerin. Entscheiden kann das Team durchaus selber. Warum ich das befürworte?
Unsere Welt wird immer vernetzter und anspruchsvoller, was das Einhalten von traditionellen Hierarchieebenen und Entscheidungswegen ineffizient macht. In einem sehr komplexen Umfeld kann unmöglich jemand allein alle Zusammenhänge erfassen und allein sinnhafte Entscheidungen treffen; mag diese Person noch so intelligent sein. Natürlich ist es einfacher, ein neues Unternehmen aufzubauen und dabei komplett auf Hierarchien zu verzichten, als Hierarchien in bestehenden Firmen abzubauen. Und trotzdem können selbstorganisierte Teams, so wie ich es erleben durfte, auch in Grossunternehmen funktionieren. Dazu braucht es ein neues Führungsverständnis und Verhalten der Chefinnen und Chefs. Es braucht Vertrauen in die Mitarbeitenden, dass diese die Lösung selber finden, umsetzen und die Entscheide im Sinne des Kunden und des Unternehmens fällen. Kurz gesagt: man braucht die Fähigkeit «loszulassen». Das klingt jetzt ziemlich einfach, kann aber für viele Personen, die jahrelang dafür bezahlt wurden, Entscheide zu treffen, die Informationshoheit zu besitzen und zu sagen, wo’s langgeht, eine echte Herausforderung darstellen. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass nur 20 % der Menschen genetisch bedingt Spass an Neuem haben (da habe ich ja Glück gehabt). Für die anderen 80 % ist der Wunsch nach Veränderung sehr gering. Wenn Menschen an bestehenden Strukturen klammern, vorhandene Entscheidungs- und Informationshoheiten kultivieren, dann wird eine Transformation schwierig. Führungskräfte sollten also mit gutem Beispiel vorangehen. Loslassen lohnt sich. Für alle Beteiligten. Man denke da nur an Eric Klinger, ein amerikanischer Motivationspsychologe, der sagt: "Das Ablösen von Zielen, das Loslassen vom Wichtigem kommt einem psychischen Erdbeben gleich. Den grossen Schatz, den es womöglich zutage fördert, können wir erst erkennen, wenn sich die dabei aufgewirbelte Staubwolke wieder gelegt hat."
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Dezember 2021
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